1878 Gründung "Obstbauverein Werder/Havel"

11. August 2018: Festveranstaltung des Werderschen Obst- und Gartenbauvereins e. V.

Ansprache des Vorsitzenden Walter Kassin

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Vereinsmitglieder, liebe Kollegen, sehr geehrte Gäste – da komme ich im Einzelnen noch darauf zurück-, liebe ehemalige „Hoheiten“ als unsere Ehrenmitglieder,

dass wir heute hierzusammengekommen sind, hat zwei Gründe:

Zum einen das Jubiläum der Gründung unseres Vereins vor 140 Jahren, zum anderen: Danke zu sagen all denen, die mit uns gemeinsam den Weg nach der Neugründung 1996 bis heute gegangen sind. 

In einer Festschrift zum 50. Jubiläum fand ich eine schöne Einleitung:

„Wenn sich Freunde und Bekannte vereinigen, um ein Jubiläum zu feiern, sei es das einer einzelnen Person oder eines Vereins, so ziemt es sich, einen Rückblick auf Geburt und Lebensgang des Gefeierten zu tun und sich zu fragen: was hat er geschaffen, was hat er geleistet für sich und andere?

Wollen wir seinen Lebensweg richtig beleuchten, so müssen wir seiner Vorfahren gedenken, erst dann werden wir ihn selbst recht würdigen können. So alt der hiesige Obstbau ist, so haben die Züchter ihrer Aufgabe, namentlich die Hauptstadt Berlin mit schönem frischen Obst zu versorgen, stets gerecht zu werden verstanden und schon früh strebte man dahin, neben den alten bekannten neue Obstsorten zu ziehen, die jetzt weit und breit und durch ihre nach den Züchtern erteilten Namen noch heute den Werderschen Ursprung verraten.

Die Werderschen Früchte wurden auch gern gekauft und gegessen bis aus den von hier kaufenden Berliner Händlern Südfruchthändler wurden, die vielfach schlauerweise unsere Erzeugnisse als Importen aus südlichen Ländern verkauften und höhere Preise erzielten, dem Werderschen Obste aber seinen Ruf und den Züchtern ihre Einnahmen kürzten. Einsichtsvolle Männer, wie: Aug. Fritze,  Wilh. Wils, Carl Puhlmann, Ernst Kärger, Friedrich Kassin, Knauff und andere erkannten den Schaden, der unserem Obstbau aus solcher Ungerechtigkeit der konsumierenden Händler erwuchs und sannen darüber nach, wie diesem schädigendem Treiben Einhalt zu tun und eine Hebung des hiesigen Obstbaues zu erreichen sei. Das Mittel hierzu glaubte man schließlich in der Veranstaltung einer Ausstellung gefunden zu haben, die mit der ersten Werderschen Obstausstellung im Jahre 1875 zustande kam.“ 

Dem folgten dann noch einige Ausstellungen bis hin zur Teilnahme an der Weltausstellung 1900 in Paris. Wichtigste Aufgabe war, den Bekanntheitsgrad des Werderschen Obstes zu steigern. Anlässlich einer Ausstellung im September 1878 fasste man den Beschluss, die Kräfte weiter zu bündeln und gründete den „Obstbau-Verein Werder“. Gerade in Berlin fanden fast regelmäßig Ausstellungen statt, die auch noch nach dem 1. Weltkrieg weitergeführt wurden. Hinzu kamen die ebenso zahlreichen Obstmärkte in Berlin, die so gestaltet waren, dass sie oft einem Ausstellungscharakter entsprachen. 

Es gab ausreichend zu tun. Der Verein organisierte Schulungen und Vorträge in Sachen der Behandlungen, Pflege, Düngung, neue Obstsorten. Der künstlichen Düngung widmete der Verein seit langem seine besondere Aufmerksamkeit. Daraus resultierend wurde 1905 die Obstbauschule gegründet und am 15. November in Beisein des Bürgermeisters Dümichen eröffnet. Das Baumblütenfest wurde ins Leben gerufen. Hintergrund war wieder  die Werbestrategie. 

Und Wasser, die Wichtigkeit ist ja bekannt. Schon 1882 wurde durch den Obstbauverein angeregt, eine Wasseranlage für die Werderschen Obstgrundstücke einzurichten. 1893 bewilligte der Verein die Kosten für die Veröffentlichung von Ausschreibungen zur Erbauung eines Wasserwerkes. Zahlreiche Versammlungen, Vorträge, Besichtigungen in Berlin gingen voraus, bis Bürgermeister Dümichen die Initiative ergriff und ernsthafte Verhandlungen geführt wurden. 1913 ging dann endlich der lang gehegte Wunsch in Erfüllung. „Der Obstbauverein“ darf es sich als besonderes Verdienst anrechnen, dazu beigetragen zu haben. 

Durch die Erweiterungen des Anbaus mit Blumen und Gemüse als Unterkulturen und unter Glas zwecks Verfrühung - um das Marktangebot zu erweitern - beschloss man im Dezember 1919 die Umwandlung seines Namens in „Obst- und Gartenbauverein Werder/Havel“.

Wie man erkennen kann, pflegte der Verein schon damals eine intensive Zusammenarbeit mit der Stadt. Nicht umsonst waren Bürgermeister Dümichen und Bürgermeister Dr. Dietzel zu Ehrenmitglieder des Vereins ernannt worden. Da auch wir gute Kontakte zur Stadt pflegen, hatten wir uns natürlich gedacht, als Dritten im Bunde auch unseren Bürgermeister a. D. Werner  Große zum Ehrenmitglied zu ernennen. Lieber Werner, herzlich willkommen!

Auf die folgenden zwei Gesellschaftsordnungen will ich nicht  weiter eingehen. Vereine wurden ja bekanntlich nicht zugelassen. Aber: Nur so viel!! Unser Obst spielte immer eine große, dominierende Rolle. Trug es doch wesentlich zur Entwicklung unserer Stadt gerade in den 60er—80er Jahren bei.

Viele junge Menschen sind nach Werder  ins Obstbaugebiet gezogen und geblieben. Nicht zu vergessen auch den Übergang des Obst- und Gartenbaues in moderne Anbaumethoden.

Dann kam das Jahr 1990. Und wieder gab es Probleme mit dem Obst – nur umgekehrt wie zu 1870. Werder-Obst war bekannt, fremdes Obst wurde als Werder-Obst verkauft. 

Wie geht es weiter mit dem Obstbau in dieser Neuen Zeit? Welche Rolle wird und soll künftig unser Obst spielen? Das Marketingkonzept der Stadt Werder (Havel) von 1993 war eindeutig. Ein wichtiges Standbein sollte die touristische Entwicklung werden. Ein Baustein davon war das Obst nebst Baumblütenfest und unsere Obstweine. Aber mit jedem Erzeuger einzeln arbeiten? Funktioniert nicht!! 

Daher erfolgte 1996 die Neugründung des Werderschen Obst- und Gartenbauvereins unter Joachim Hintze. Ziel war es und ist es auch noch  heute, den Bekanntheitsgrad zu erhalten und zu verbreiten. Dies ist in den zurückliegenden Jahren stetig gewachsen. Dazu beigetragen hat, wie schon erwähnt, die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung, ihre positive Einstellung zum OGV, ihre Unterstützung.

Eine Erweiterung erfolgte mit der Schaffung der Schuffelgärten und der Übernahme der Märkte unserer Stadt. Unser Obst, unsere gärtnerischen Produkte und die teilweise Vermarktung auf eigenem Markt – wofür eine starke gemeinsame Bewerbung notwendig war und ist – hat den Bekanntheitsgrad enorm gesteigert. Unsere Marktfeste, Obstbausymposium, Grüne Wochen, 700 Jahre Werder (Havel), Sortenbestimmungen, Goldene Kruke, Vorbereitung der Baumblütenköniginnen auf ihr Amt, Baumblütenfest am Panoramaweg, Obstbaumschnittkurse, Festumzug zur Eröffnung des Baumblütenfestes, Brandenburger Landpartie und Galgenbergtag in den Schuffelgärten, schönster Vorgarten…, in all dem spiegeln sich unsere Vereinstätigkeiten und das Vereinsleben wider.

Und positiv war immer die Haltung und Unterstützung der Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung. Ich freue mich, als Vertreter der der CDU-Fraktion Herrn Hermann Bobka und Gattin, der Linken-Fraktion Herrn Peter Hinze nebst Gattin und als Vertreter der Fraktion Freie Bürger Herrn Sigmar Wilhelm und Gattin begrüßen zu können. Unsere Bürgermeisterin ist im wohlverdienten Urlaub, stellvertretend begrüße ich unseren Beigeordneten Herrn Christian Große und Gattin. 

Und zuletzt  sei allen Dank gesagt, die uns in vielfältigster Form unterstützt haben. Stellvertretend sei hier der Fruchtexpress und die Werder Frucht GmbH mit ihrer Geschäftsführerin Frau Petra Lack genannt, da wären noch: Anke Kassin – unsere Werbestrategin, das ,,Wir sind Werder“-Team – hallo Ellen Fehlow - und natürlich alle meine Vereinsmitglieder, Fördernde- und Ehrenmitglieder. 

Ich sage herzlich danke dem Organisationsteam: Karin Lorenz, Karin Watzke, Christiane Wolter, Jürgen Gentz, Karsten Perenz, Rosi Hiller und Matthias Langer.

Ein besonderes Dankeschön an Karin Lorenz und Gerald Mai, die diese Veranstaltung hier auf dem Werderaner Tannenhof in  solch einer schönen Kulisse ermöglicht haben.

Walter Kassin

Vorsitzender