Pomonagarten
Herbst 2021 in Jürgen Deutschers Pomonagarten
Was wünscht sich der Obstbauer im September? Sonniges Herbstwetter für die Ernte und wenn er in seiner Plantage Selbstpflücke oder ein Erntefest geplant hat, dann ist das ganz besonders wichtig. In Jürgen Deutschers Pomonagarten kommen dann auch die „Apfelpaten“ in Familie: Eltern, Großeltern, Kinder, auch Freunde werden mitgebracht, um „ihre“ Bäume abzuernten. Etwa 100 Familien haben eine solche Apfelpatenschaft selbst gebucht – für ein oder auch mehrere Jahre – oder sie haben ein Apfelpatengeschenk zum Geburtstag, zu Weihnachten oder anlässlich eines anderen besonderen Ereignisses bekommen.
Das Jahr über haben die Apfelpaten die Möglichkeit, ihre Bäume in der Plantage zu besuchen und sich am Blühen und Wachsen zu erfreuen. Im September dann ist es so weit: 20 kg wunderbar perfekt reife Äpfel der Sorten Elstar oder Jonagold können sie nun pflücken und mit nach Hause nehmen – was für ein Schatz! Besonders für die Kinder ist das selbst pflücken ein tolles Erlebnis. Nun heißt es Apfelkuchen backen, Apfelmus für den Winter kochen, einen Teil der Ernte vielleicht an Freunde und nette Nachbarn verschenken und natürlich jeden Tag Äpfel essen.
Am Tag des jährlichen Erntefestes im Pomonagarten in Plötzin erwartete die Besucher wie immer selbst gebackener Kuchen und Kaffee, Bratwurst vom Grill, der erste Apfelsaft der Saison, abgepresst nur wenige 100 m entfernt in der Lohnmosterei Thierschmann, und Obstwein. Sie konnten sich eine Vielzahl schmackhafter alter Apfelsorten, wie sie im Raum Werder früher typischerweise angebaut wurden, nicht nur anschauen, sondern diese auch verkosten und Empfehlungen mitnehmen, wie man im eigenen Garten oder in einem Gemeinschaftsprojekt diese alten Sorten selbst anbauen und erhalten kann. In diesem Jahr konnte man die Pomologin Regina Schmidt fragen, wenn man den Namen einer (alten) Apfelsorte wissen wollte und auch die Baumblütenkönigin hatte sich wieder Zeit für eine Begegnung mit den Apfelliebhabern genommen.
Was war im Pomonagarten 2021 anders als in den Vorjahren? Die Zahl der Apfelpatenschaften hatte sich in diesem zweiten schweren Coronajahr fast verdoppelt. Das heimische Umland und regionale Erzeugnisse erfahren wieder stärkere Wertschätzung. Viele Direktvermarkter, wie Jürgen Deutscher, konnten neue Kunden gewinnen, das ist sehr positiv. Erstmals gab es zum Erntefest auch Lammfleisch vom Grill. Die Eheleute Seiffert halten Schafe der alten wetterharten und genügsamen Rasse Krainer Steinschaf, die sie u. a. auf Streuobstwiesen weiden lassen. Das Lammfleisch war rasch verkauft und aufgegessen, das Interesse der Besucher groß. Es gibt Pläne für die Zukunft, darüber wird noch zu berichten sein…
Der Falkenkasten, der im Frühjahr in 6 m Höhe installiert worden war, blieb noch unbesetzt. Einige Male konnte man schon Orientierungsflüge beobachten, aber es hatte sich dann doch noch kein Brutpaar eingefunden. Vielleicht muss das Holz erst noch mehr verwittern, wir hoffen auf das nächste Jahr.
Frühling 2021 im Pomonagarten
Es ist 8. Mai, nun können die dick gefütterten Arbeitsschuhe endlich verräumt werden! Nach einem ungewöhnlich kalten April stehen - drei Wochen später als im vergangenen Jahr – die Apfelblüten im Pomonagarten vor ihrem großen Auftritt: bei Cox Orange und Signe Tillisch sind die roten Knospen Anfang Mai noch geschlossen, der Weiße Winter-Kalvill, die Goldparmäne und der Hasenkopf befinden sich im „Ballonstadium“, bei anderen Sorten öffnen sich die ersten Blüten und bei Muskat-Renette, dem Roten Gravensteiner und Vista Bella sind schon die Hälfte ihrer zauberhaften Blüten in weiß und rosa für die Bestäubung bereit.
Einige Blüten sind leider schon im Knospenstadium den Nachtfrösten im April zum Opfer gefallen, aber noch gibt es keinen Grund zu großer Sorge.
Die Sorte Antonowka, die im vergangenen Jahr reiche Ernte brachte und großen Zuspruch bei den Apfelliebhabern fand, hat in diesem Jahr nur wenige Blüten, sie ruht ein Jahr aus.
Dafür berechtigen die 5 Bäume von Bella Vista, von denen 2020 kein Apfel zu ernten war, in diesem Jahr zu den schönsten Erwartungen. Sie blühen mit 9, das heißt, sie haben die höchstmögliche Blütenzahl. Wir sind sehr gespannt.
Anlässlich der Apfelsortenschau der historischen Sorten im letzten Herbst hatten wir, wenn gewünscht, den Interessenten auch einige Äpfel der „alten“ Sorten mit nach Hause gegeben und dafür um eine kleine Spende für den Bau neuer Nistkästen gebeten.
103,- € waren zusammengekommen und im Winter hat Matthias Langer, der als Marktleiter für den Frischemarkt verantwortlich ist, mit viel Liebe und handwerklichem Geschick drei Nistkästen gebaut, zwei für Meisen, Rotkehlchen und Spatzen – Einfluglöcher mit 36 / 38 cm Durchmesser - und einen Falkenkasten, der an einem Mast in 6 m Höhe angebracht wurde. Er ist mit Rindenmulch gefüllt und hat eine Sitzstange aus Naturholz.
Jürgen Deutscher möchte gern ein Falkenpaar in seiner Obstanlage ansiedeln, um die Population der Mäuse, die Schäden in den Obstanlagen verursachen, einzudämmen. Sie ernähren sich u. a. von den Wurzeln der Obstbäume und Beerensträucher und lassen diese dadurch absterben. Auf der Speisekarte der Falken stehen Mäuse ganz oben…
Apfelblütenzeit in Jürgen Deutschers Pomonagarten
Für viele Menschen ist die Erinnerung an die Kindheit verbunden mit einem schönen Obstbaum im Garten der Großeltern, des Onkels, der Patentante oder im Garten der Nachbarn. War es ein Apfelbaum, so erinnert man sich an den Duft reifer Äpfel, Omas frisches Apfelmus oder daran, dass der Nachbar von seiner reichen Ernte einen Korb Äpfel als Geschenk vorbei brachte.
Manchmal weiß man noch den Namen der Apfelsorte: Hasenkof, Augustapfel, Gravensteiner…
Gibt es diese Äpfel noch? Im Supermarkt kann man sie nicht finden, selbst im Bio-Laden oder auf den Wochenmärkten sucht man vergeblich danach. Das ist so, weil die alten Obstsorten für den gewerbsmäßigen Anbau nicht so gut geeignet sind: Sie tragen nicht in jedem Jahr gleich gut, sie sind unter Umständen anfälliger für Spätfröste und bestimmte Krankheiten, nicht so gut lagerfähig wie die neu gezüchteten Sorten und nicht alle so knackig, wie der Käufer sich heute einen Apfel wünscht.
Aber es gibt sie noch. In alten Gärten, an schon hoch betagten, aber immer noch fruchtbaren Bäumen, die jemand sachkundig und liebevoll pflegt. Es gibt sie noch als Zukunftsprojekt: als junge Bäume in speziellen Baumschulen, die sich auf den Erhalt alter Obstsorten spezialisiert haben. Und es gibt sie auch bei uns in Werder (Havel): Im Pomonagarten des Obstbauern Jürgen Deutscher auf der Glindower Platte.
Vor einigen Jahren hatte Jürgen Deutscher die Idee, wieder alte Sorten anzubauen, um sie vor dem Vergessen zu bewahren. Er will prüfen, wie sie mit dem Boden und den veränderten Klimabedingungen zurechtkommen und ob sie noch so schmecken, wie in alten Obstbüchern beschrieben. Interessierten Obstliebhabern möchte er diese Äpfel vorstellen und zur Verkostung anbieten.
Gemeinsam mit dem Pomologen Dr. Fritz Brudel, dem Pflanzenschutzexperten Dieter Scheffel und seinem ehemaligen Biologielehrer Karl-Heinz Hergert startete er 2014 das Projekt: „Umveredlung bestehender Apfelbäume zur Demonstration alter Sorten für die Kundschaft“ und es entstand nach und nach eine Obstbauschauplantage mit 37 alten Apfelsorten.
Dafür wurden in seiner Apfelanlage mit den Ertragssorten Elstar und Jonagold 181 Bäume, die schon seit den 1990ger Jahren im Ertrag standen, abgesetzt, d. h., die Krone wurde abgeschnitten und an der Schnittstelle je zwei Edelreiser einer alten Sorte aufgepfropft. Nach 3 – 4 Jahre baut sich aus diesen – wenn alles gut geht – eine neue Krone auf und statt Elstar und Jonagold trägt der Baum dann Äpfel der Sorte Danziger Kantapfel, James Grieve, Lunow, usw.
Ende April/Anfang Mai ist Apfelblütenzeit. Einige Sorten stehen in voller Blüte, z. B. der Jonathan und der Erdbeerapfel. Andere blühen verhaltener, wie der Weiße Winterkalvill und der Berlepsch und wieder andere haben nur wenige Blüten wie Cox Orange und Gascoynes Scharlachroter. Auch die fünf Bäume Super Manga, die in den vergangenen zwei Jahren gute Erträge brachten, haben in diesem Jahr nur wenige Blüten angesetzt. Sie legen vielleicht ein Ruhejahr ein, der Fachbegriff ist alternieren.
Von Anfang September bis Mitte Oktober wird der Pomonagarten dann zum Schauen und Pflücken geöffnet und der Besucher kann auf Erkundungstour gehen, um vielleicht auch den Apfel seiner Kindheit dort wiederzuerkennen. Oft war es ja einfach „Opas Apfel“, vielleicht eine Goldparmäne oder ein Edelkönig, aber welche Überraschung, wenn man ihn plötzlich in der Hand hält und hineinbeißen kann. Das ist er…!!
Von Antonowka bis Werdersche Wachsrenette, alle wachsen als Spindelobstanlage dicht beieinander. Sie lassen sich so leicht pflegen und pflücken. Zum Auf-den-Baum-Klettern oder als Schattenspender sind die Bäume so allerdings nicht geeignet. Wenn man selbst einen Obstbaum im Garten pflanzen möchte, wählt man - ausgehend vom Platz, der zur Verfügung steht - eine andere Baumform: Viertel- oder Halbstamm. Die Krone setzt am Stamm bei ca. einem Meter an und der Baum kann in einigen Jahren eine Höhe von 6 m erreichen. Ab dem dritten Standjahr trägt er Früchte. Wichtig bei der Vorüberlegung ist auch, ob eine Befruchtersorte nötig ist. Jürgen Deutscher und die anderen Obstbauern der Region beraten die Interessenten gerne dabei.
Entscheidet man sich für eine „alte Sorte“, kann man sich den Apfelgeschmack seiner Kindheit in den eigenen Garten holen und unterstützt die Erhaltung der Artenvielfalt. In Jürgen Deutschers Pomonagarten lebt übrigens schon seit vielen Jahren eine Feldhasenfamilie…